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Presse zu „Schieß doch, Kaufhaus!“:

Gedankenfutter für das Phrasenschwein
Heckmanns-Stück im KosmosTheater
Die Figuren in Martin Heckmanns`Sprachweihespiel Schieß doch, Kaufhaus! sind wahre Akkordarbeiter im Dienste einer schmählich scheiternden Selbstbehauptung. Die Globalisierungskräfte, die Märkte miteinander kurz schließen und die Brotkörbe für die Kleindienstleister höher hängen, setzen Sprachlawinen frei. Heckmanns Figuren – Variable im Gefolge der Entfremdung – heißen „Klar“, „Fetz“, „Kling“ oder „Knax“. Man hört im Nachhall dieser Namenserfindungen das behagliche Knuspern der Festplatten: als bräche man Butterkekse entzwei.
Wer auf der Höhe der Einsichten bleiben will, muss sich selbst zur intellektuellen Datenkläranlage umformen. Die Heckmanns-Erstaufführung im Wiener KosmosTheater trägt dem Verlust der Anschaulichkeit freudenstrahlend Rechnung.
Man sieht fünf attraktive Twenty-Somethings, die auf einem Baugerüst herumklettern, bei einer diskursiven Wehrsportübung zu. Letzte Lockerung vor dem Sprung in ein Arbeitsleben, das weniger der Fertigung von Waren als der Stärkung der je eigenen Kaufkraft dienen soll.
Regisseurin Katrin Schurich trifft ihre Entscheidungen mit instinktiver Richtigkeit: Sie schält ihre Darsteller aus Baumarkt-Tragetaschen heraus. Sie hetzt sie die Leiter hinauf und hinunter, stellt sie neben Ziffern aus Pappe, sieht Freizeitekstatikern beim „Chillen“ zu – während sie aus Heckmanns Szene-Fragmenten diskursives Kleinholz macht.
Der Schauplatz dieser hoch achtbaren Kapitalismus-Séance sind die Körper der Darsteller. Aus ihrer Atemlosigkeit, ihren Verrenkungen entsteht jenes schwer fassbare Zwischenreich, in dem sich der Mensch gerade noch als Herr seiner Entscheidungen fühlen kann – um nur schon nachzuplappern, was ihm der Tauschmarkt geläufiger Phrasen in den Mund legt: „Schmeiß dich in irgendeinen Kampf, so lange du noch einen Körper hast“, heißt es bei Suhrkamp-Autor Heckmanns.
Aus der Gruppe der Uniformität ragen zwei Darsteller noch heraus: die strähnig verschwitzte Zeitbombe auf Beinen (Christian Strasser als Ätz), der scheißliberale Globalisierungsproblemlöser (Sven Kaschte als Klar). Ein vorzüglich ambitionierter Abend über die Folgekosten des Lebens.
Der Standard, 17. 1. 2005

Theatermacherin Katrin Schurich hat ein Händchen für gute Stücke und gute Schauspieler. Nach „Bier für Frauen“ (von Felicia Zeller) hat sie jetzt wieder einen erfolgreichen deutschen Dramatiker inszeniert: Das KosmosTheater zeigt als Eigenproduktion die österreichische Erstaufführung von Martin Heckmanns` „Schieß doch, Kaufhaus!“. Es geht um Globalisierung, politische Bewusstseinsbildung, Gutsein im Allgemeinen und Liebsein im Besonderen. „Sind wir noch zusammen?“, lautet die Frage, die sich die fünf Figuren mehr als einmal stellen. Regisseurin Katrin Schurich und ihre Ausstatterin Stefanie Stuhldreier haben sich für den nicht ganz leichten Text voller Sprachspielereien und Sprachstammeleien einiges einfallen lassen: Terror kunterbunt im Kinderzimmer, in der Horizontalen und der Vertikalen, Spontispruchflyer, Agitation, Kuscheln und eine echt schrille Kreuzigungsszene samt „Dona nobis pacem“ – Kanongesang ganz nebenbei. Mit einer Spur weniger Hochachtung vorm Text wäre der Abend vielleicht sogar noch besser geworden. Trotzdem: Respekt.
Falter, Nr. 3/05

Fragen nach dem „echten Leben“
Dem jungen Berliner Martin Heckmanns, Nachwuchsautor 2002, Schauspieler, Regisseur, Sprachgestalter und Produzent, widmet das KosmosTheater seine Erstaufführung: „Schieß doch, Kaufhaus!“ ist ein Rundumschlag gegen die unüberschaubare Globalisierung. Heckmanns formt aus Alltagssprache Texte, die Räume aufmachen für das Ungesagte.
Regisseurin Katrin Schurich zeigt Gespür für den kleinen Raum. Abstoßend ist zwar die Kreuzigungsszene, peinlich, wie die österreichische Bundeshymne ins Lächerliche gezogen wird...
In der kargen Ausstattung Stefanie Stuhldreiers sind die fünf Darsteller aber beachtlich: Ana Kerezovic, Katharina Schwarz, Julia Höfler, Christian Strasser und Sven Kaschte beweisen nicht nur sprachliche, sondern auch tänzerische Perfektion. Die Umsetzung der Idee ist Schurich wohl gelungen. Eine klare Antwort auf die Frage nach dem „echten Leben“ zu finden, ist ein anderes.
Kronen Zeitung, 16. 1. 2005

Die fetten Jahre sind vorbei
Das Politische ist zurück am Theater: Mit globalisierungskritischen Wortgefechten hetzt der Sprach-Heckenschütze und Autor Martin Heckmanns seine Figuren in die Theorieschlacht. Es geht um nichts weniger als die Rettung der Welt.
Etwas stimmt nicht mit dieser Welt. Etwas muss getan werden – nur was? Fünf Personen quälen sich beim Stück „Schieß doch, Kaufhaus!“ im KosmosTheater mit derlei Fragen. Zu Beginn kriechen sie aus weißen, überdimensionierten Plastiktaschen und schlüpfen in türkisfarbene Overalls. Am Ende werden sie den Kampfanzug abgestreift haben und sich in denselben Einkaufstaschen, im Schoß des Konsumismus, wieder verkriechen. Dazwischen haben sie knapp eine Stunde Globalisierungskritik betrieben. Aber wie! Als wären sie eine Guerilla, deren einzige Waffe im globalen Nahkampf die Sprache ist, haben sie ihre Wortgefechte miteinander ausgetragen. Rasch, pointiert, treffsicher – und es wird einem dabei keine Minute langweilig.
Für „Schieß doch, Kaufhaus!“ wurde der Suhrkamp-Autor Martin Heckmanns (34) zum Dramatiker des Jahres 2001/2002 gewählt und im Jahr darauf beim renommierten Mülheimer Dramatikerwettbewerb ausgezeichnet. Umso erstaunlicher, dass dieser Autor, der an deutschen Bühnen auch mit Stücken wie „Disco“ oder „Kränk“ für Furore sorgte, hier zu Lande bislang nicht gespielt wurde. Das KosmosTheater hat nun in der Regie der jungen Katrin Schurich dieses Versäumnis mit einer äußerst gelungenen österreichischen Erstaufführung wettgemacht.
In „Schieß doch, Kaufhaus!“ geht es um die Stimmung unter Globalisierungskritikern im studentischen Milieu. Den fünf Personen namens Ätz, Fetz, Klar, Kling und Knax (gespielt vom jungen Ensemble: Julia Höfler, Ana Kerezovic, Katharina Schwarz, Sven Kaschte und Christian Strasser) hat die Theorie ordentlich den Kopf verdreht. Frei nach Adorno werden Sätze wie: „Das falsche Leben im Falschen“ abgefeuert, Foucault gibt dabei Rückendeckung: „Alles in mir ist ein Effekt der Machtstruktur“ und freilich wird Marx hinterfragt: „Wie lassen sich die Verhältnisse ändern, die ich selber bin.“ Das Fazit: „Es muss alles anders werden“, weil: „Ich möchte ein Leben.“ Am häufigsten stellen sich die Fünf die Frage: „Wie gehen wir weiter vor?“ Und darauf hat keiner eine Antwort. Peinliche Stille oder hektischer Aktionismus sind die Folge.
Das Politische meldet sich zurück am Theater und im Film. Nur wohin er Protest führen soll, ist ungewiss. Autoren wie Martin Heckmanns sind für ideologische Aufgeregtheit zu klug, aber für antiideologische Abgeklärtheit zu neugierig. Was bleibt? Im Moment: Ein Moment des Aufbegehrens – und sei es auch noch so sinnlos.
Wiener Zeitung, 19. 1. 2005

Zynische Fröhlichkeit
Die Globalisierung und ihre Auswirkung auf die Gesellschaft hat der 1971 geborene deutsche Autor Martin Heckmanns in „Schieß doch, Kaufhaus!“ thematisiert. Von der Zeitschrift Theater heute zum Nachwuchsautor des Jahres 2002 gewählt, hat sich Barbara Klein die österreichische Erstaufführung gesichert, die im KosmosTheater bis 29. Jänner läuft.
Nach Heckmanns sprudelt der Einzelne nur noch in der undefinierbaren Menge. Kling, Klar, Ätz, Fetz, Knax heißen die menschlichen Motoren, die die Unmöglichkeit von sozialverträglicher Weltwirtschaft diskutieren. Da macht nichts mehr Sinn, weder das Kinderkriegen noch das Demonstrieren. Regisseurin Katrin Schurich macht aus den angriffslustigen, stark verdichtetem Text eine Show der zynischen Fröhlichkeit: Als ob sich eine studentische Gruppe zum samstäglichen Schlagabtausch zusammenfindet.
Das Auf und Ab auf einem Spielgerüst hält das Ensemble mit Höfler, Kerezovic, Schwarz, Kaschte und Strasser in Bewegung. Symbolbilder wie jenes der Kreuzigung oder am Boden zuckender Leiber funktionieren wie Infotainment. Ein jung wirkender, sympathischer Abend.
Kurier, 24. 1. 2005

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