Presse zu „Die
sieben Tage des Simon Labrosse“:
Neurosen sind auch fein
Die Drachengasse feiert mit „Die sieben Tage des Simon
Labrosse“ einen schönen Erfolg.
Er ist arbeitslos, hat kein Geld und die einstige Freundin
betreut in Afrika Bedürftige. Was also liegt da näher,
als mit zwei Gleichgesinnten dem Publikum seine Lebensgeschichte
vorzuspielen? Und genau das macht Simon Labrosse im Theater
in der Drachengasse, wo Regisseurin Katrin Schurich das Stück „Die
sieben Tage des Simon Labrosse“ von Carole Fréchette
mit viel Witz, aber auch einigem Tiefgang in Szene gesetzt
hat.
Es ist ein (meist sehr vergnügliches) Spiel mit dem Spiel,
durch das Schurich in der kargen Ausstattung von Stefanie Stuhldreier
ihre Darsteller hetzt. Oft schräg, mitunter extrem komisch,
dann wieder tieftraurig und mit einer Portion Psychoanalyse
gewürzt – Michael Smulik als gescheiterter Simon,
Pilar Aguilera als sich auf dem Selbstfindungstrip befindlicher
Nathalie, vor allem aber Christian Strasser als umwerfend neurotischer
Weltenhasser Léo sorgen für ein heiter-böses
Spektakel.
Kurier, 27. 9. 2006
Wer übrig bleibt
„Alles bestens“ ist das sarkastisch gemeinte Motto des
heurigen Spielplans im Theater Drachengasse. Eröffnet
wurde nun mit „Die sieben Tage des Simon Labrosse“ der
Kanadierin Carole Fréchette.
Simon (hinreißend: Michael Smulik) ist arbeitslos und
versucht, da es in unserer wunderbaren Welt doch einfach unmöglich
ist erfolglos zu bleiben, - seine Dienste für die ausgefallensten
Tätigkeiten anzubieten. Doch niemand will ihn haben und
schließlich muss er begreifen, dass er einfach übrig
bleibt.
So wie übrigens auch seine Wegbegleiter Nathalie (hervorragend:
Pilar Aguilera) und Léo (grandios: Christian Strasser).
Das glänzend gebaute Stück bietet ein beklemmendes,
verzerrtes Spiegelbild unserer Welt und Regisseurin Katrin
Schurich half dem Darstellertrio es in einem Furioso zu präsentieren.
Ein überzeugender Saisonauftakt.
Wiener Zeitung, 27. 9. 2006
Die Selbstbeschaffungshow
Im gleißenden Licht der Talkshow-Öffentlichkeit
sieht das Freigesetztendasein gleich noch erbärmlicher
aus: Simon, arbeitslos, verkauft in Carole Fréchettes „Die
sieben Tage des Simon Labrosse“ nun das, was ihm geblieben
ist, das nackte Leben. Bei stetig steigendem Kreditzinssatz
entwickelt er (Michael Smulik) im Zusammenspiel mit zwei anderwärtig
beschädigten Freunden – Pilar Aguilera als seminarversessene,
resche Punkerin und Christian Strasser als Depressionskaiser
im sinnlos gewordenen Werktagskittel (Ausstattung: Stefanie
Stuhldreier) – absurde Jobprofile für Brotlose:
Ego-Schmeichler, Vater-Sohn-Konfliktlöser, Sorgenübernehmer
oder so etwas wie den Beruf des Satzbeenders für kurz
angebundene Sprecher. Die actionreiche, in hingebungsvoller
Outrage gespielte Groteske (Regie: Katrin Schurich) beweist
ihre Feinheiten im Zusammenschnitt der Szenen.
Ein Theater wie ein wütender Popsong, von dem das Publikum
auch prompt live etwas zu hören bekommt: „Ich hasse
alles und jeden und will auch nicht darüber reden.“
Der Standard, 3. 10. 2006
Simon ist arbeitslos, will das aber auf originelle Weise ändern.
Er präsentiert dem Theaterpublikum seine Fähigkeiten
als dramatisierter Lebenslauf. Das Theater Drachengasse zeigt „Die
sieben Tage des Simon Labrosse“ von Carole Fréchette
(Regie: Katrin Schurich). Der Geschäftsmann engagiert
dafür Assistenten, die jedoch eigene Botschaften kommunizieren
wollen, Nathalie (pointiert schrill: Pilar Aguilera) sucht
die totale Entfaltung der Organe, Léo, durch einen Gehirndefekt
rüder Pessimist, will sein Gedicht „Es regnet Ziegelsteine
auf die ekelhafte Welt“ deklamieren (Christian Strasser
rockt!). Deshalb enden die Jobwünsche, ob Gefühlsstuntman,
Egoschmeichler oder Liebhaber auf Distanz, meist im komischen
Chaos. Die Ich-AG Simon (smart verzweifelnd: Michael Smulik)
scheitert nicht nur an absurden Varianten gängiger Gesellschaftsmodelle
und den neoliberalen Umständen. Er hört einfach nicht
auf seine inneren Stimmen, personifiziert von Nathalie und
Léo. Und bleibt am Ende allein zurück.
Falter, 40/06
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